False Flag Operationen: Definition und bewiesene historische Fälle

Was ist eine False Flag Operation?

Eine False Flag Operation (deutsch: "Operation unter falscher Flagge") ist ein nachrichtendienstlicher, politischer und militärischer Begriff, der ursprünglich aus der Seefahrt stammt1. Der Ausdruck bezeichnet Täuschungsmanöver und verdeckte Operationen – meist von Militär oder Geheimdiensten – zur Verschleierung von Identität und der Absichten des tatsächlichen Urhebers1. Die Aktion wird dabei vorgeblich dem jeweiligen Gegner oder einer dritten Partei zugeschrieben21.

Ursprung des Begriffs

Das Konzept hat seinen Ursprung in der Seefahrt, wo die Flagge eines Schiffes dessen Nationalität und Herkunft signalisiert31. Um in Kriegszeiten den Gegner zu täuschen, war es durchaus üblich, dass Schiffe die Flagge eines anderen Staates als des eigenen hissten14. Auch Kriegsschiffe oder Kaperschiffe bedienten sich dieser Täuschungsmaßnahme, die allgemein akzeptiert wurde, vorausgesetzt die wahre Identität wurde vor Beginn etwaiger Kampfhandlungen durch das Hissen der realen eigenen Flagge angezeigt31.

Zweck und Motive

False Flag Operationen werden typischerweise durchgeführt, um235:

• Die Urheberschaft zu verschleiern

• Einen Vorwand für militärische Aktionen zu schaffen

• Politische Gegner zu diskreditieren

• Öffentliche Meinung zu beeinflussen

• Kooperationsbereitschaft bei der Anwerbung von Zielpersonen zu erhöhen

Bewiesene historische False Flag Operationen

Der Gleiwitz-Vorfall (1939)

Eine der bekanntesten und am besten dokumentierten False Flag Operationen war der Überfall auf den Sender Gleiwitz am 31. August 193967. Diese Operation gehörte zu mehreren von der SS fingierten Aktionen vor Beginn des Zweiten Weltkrieges mit dem Tarnnamen "Unternehmen Tannenberg"7.

Sechs als polnische Freischärler verkleidete SS-Männer um Sturmbannführer Alfred Naujocks stürmten den deutschen Radiosender Gleiwitz68. Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD, Reinhard Heydrich, hatte "persönlich befohlen, einen Anschlag in der Nähe der polnischen Grenze vorzutäuschen und es so erscheinen zu lassen, als wären Polen die Angreifer gewesen"6. Die Angreifer verkündeten anschließend auf Polnisch und Deutsch: "Achtung! Achtung! Hier ist das polnische Freiheitskomitee. Der Rundfunksender Gleiwitz ist in unserer Hand"6.

Adolf Hitler nutzte diesen fingierten Angriff als propagandistischen Vorwand für den Überfall auf Polen und den Beginn des Zweiten Weltkrieges87.

Der Mukden-Zwischenfall (1931)

Am 18. September 1931 sprengten japanische Soldaten in einer geheimen Kommandoaktion Gleise der Südmanjurischen Eisenbahngesellschaft in die Luft9. Sie provozierten damit wie gewünscht den Einmarsch frischer japanischer Truppen in die Manjurei und die Besetzung der Stadt Mukden (heute Shenyang) durch Japan39. Ein halbes Jahr später wurde unter dem Schutz der japanischen Besatzungsarmee die Manjurei als unabhängiger Staat ausgerufen9.

Diese Aktionen fanden ohne Wissen und Einwilligung der japanischen Regierung und des Parlamentes statt9. Der Zwischenfall führte letztendlich zu Japans Austritt aus dem Völkerbund und trug zur Eskalation bei, die schließlich zum nahtlosen Übergang in den Zweiten Weltkrieg führte9.

Operation Northwoods (1962)

Operation Northwoods war eine geplante, aber nicht durchgeführte False Flag Operation des US-Verteidigungsministeriums aus dem Jahr 196210. Die Vorschläge sahen vor, dass CIA-Agenten Terrorakte gegen amerikanische militärische und zivile Ziele verüben und diese der kubanischen Regierung in die Schuhe schieben sollten, um einen Krieg gegen Kuba zu rechtfertigen10.

Die detaillierten Pläne umfassten die Fernsteuerung von Zivilflugzeugen, einen fingierten Abschuss eines US-Luftwaffenjägers vor der Küste Kubas, mögliche Ermordung kubanischer Einwanderer, das Versenken von Flüchtlingsbooten und die Orchestrierung von Terrorismus in US-Städten10. Die Vorschläge wurden von Präsident John F. Kennedy abgelehnt10.

Die Lavon-Affäre (1954)

Die Lavon-Affäre war eine fehlgeschlagene israelische Geheimoperation mit dem Codenamen "Operation Susannah", die im Sommer 1954 in Ägypten durchgeführt wurde11. Als Teil einer False Flag Operation rekrutierte der israelische Militärgeheimdienst eine Gruppe ägyptischer Juden, um Bomben in ägyptischen, amerikanischen und britischen zivilen Einrichtungen zu platzieren: Kinos, Bibliotheken und amerikanische Bildungszentren11.

Die Anschläge sollten der Muslimbruderschaft, ägyptischen Kommunisten oder "lokalen Nationalisten" angelastet werden, mit dem Ziel, ein Klima ausreichender Gewalt und Instabilität zu schaffen, um die britische Regierung dazu zu bewegen, ihre Besatzungstruppen in Ägyptens Suezkanal-Zone zu behalten11. Israel bestritt öffentlich jede Beteiligung an dem Vorfall bis 2005, als die überlebenden Agenten Anerkennungsurkunden vom israelischen Präsidenten Moshe Katsav erhielten11.

Operation Gladio

Gladio war eine Stay-behind-Organisation in Italien, die im Fall einer Invasion von Truppen des Warschauer Paktes Guerilla-Operationen und Sabotage gegen die Invasoren durchführen sollte12. Sie ging aus der Kooperation des italienischen Militärgeheimdienstes der Nachkriegszeit (SIFAR) mit der CIA hervor und war seit 1964 in die NATO integriert12.

Die Existenz der Organisation wurde 1990 aufgedeckt, als der italienische Untersuchungsrichter Felice Casson im Archiv des Militärgeheimdienstes SISMI Dokumente fand, die auf eine geheime Organisation namens "Gladio" hinwiesen12. Ähnliche Stay-behind-Organisationen anderer westeuropäischer Staaten wurden infolge der Aufdeckung von Gladio bekannt12.

Umstrittene Fälle und Verschwörungstheorien

USS Maine (1898)

Der Fall der USS Maine, die 1898 im Hafen von Havanna explodierte, wird oft als mögliche False Flag Operation diskutiert1314. Während die USA zunächst Spanien für die Explosion verantwortlich machten, was zum Spanisch-Amerikanischen Krieg führte, deuten spätere Untersuchungen darauf hin, dass die Explosion wahrscheinlich durch ein Feuer in einem Kohlenbunker verursacht wurde13. Eine Untersuchung von Admiral Hyman Rickover aus dem Jahr 1974 unterstützte die Kohlefeuer-Hypothese13.

Tonkin-Golf-Zwischenfall (1964)

Der Tonkin-Golf-Zwischenfall von 1964 ist ein weiterer umstrittener Fall15. Während der erste Angriff auf die USS Maddox am 2. August 1964 tatsächlich stattfand, gibt es erhebliche Zweifel daran, ob der zweite, schwerwiegendere Angriff am 4. August jemals stattgefunden hat16. Dieser zweite Vorfall wurde von Präsident Lyndon B. Johnson als Rechtfertigung für eine vollständige Eskalation des Vietnamkriegs verwendet16.

Moderne Verschwörungstheorien

Es ist wichtig zu unterscheiden zwischen bewiesenen historischen False Flag Operationen und modernen Verschwörungstheorien. Der Begriff "False Flag" wird heute oft missbraucht, um Ereignisse wie die Anschläge vom 11. September 2001 zu erklären, obwohl keine glaubwürdigen Beweise für eine solche Operation vorliegen171819. Umfangreiche Berichte der 9/11-Kommission, US-Regierungsbehörden und Expertengruppen haben die Existenz einer verborgenen Verschwörung widerlegt20.

Fazit

Während False Flag Operationen ein dokumentiertes Phänomen in der Geschichte sind, mit klar bewiesenen Fällen wie dem Gleiwitz-Vorfall, dem Mukden-Zwischenfall oder Operation Northwoods, ist es entscheidend, zwischen historisch belegten Operationen und unbewiesenen Verschwörungstheorien zu unterscheiden3610. Die Tatsache, dass solche Operationen in der Vergangenheit durchgeführt wurden, bedeutet nicht, dass jedes tragische Ereignis automatisch das Ergebnis einer False Flag Operation ist1721.