Die Definition von Mord im internationalen Kontext

Die Definition von Mord im internationalen Recht unterscheidet sich erheblich von nationalen Rechtssystemen und ist durch verschiedene völkerrechtliche Instrumente geprägt. Im Gegensatz zu einheitlichen nationalen Definitionen existiert keine universelle Definition von Mord im Völkerrecht, sondern verschiedene kontextspezifische Auslegungen.

Grundlegendes Verständnis im Völkerstrafrecht

Im Völkerstrafrecht wird Mord wegen der daraus resultierenden Abgrenzungsschwierigkeiten zum Teil mit vorsätzlicher Tötung gleichgesetzt 1. Dies liegt daran, dass eine über alle Zeiten und Kulturen anerkannte Definition des Mordes nicht existiert 1. Die internationale Rechtsprechung konzentriert sich daher auf die wesentlichen Elemente der vorsätzlichen Tötung ohne die spezifischen Qualifikationsmerkmale nationaler Mordtatbestände.

Mord als Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Definition nach dem Römischen Statut

Das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) definiert Mord als eines der Verbrechen gegen die Menschlichkeit 2. Nach Artikel 7 des Statuts bedeutet "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" unter anderem die "vorsätzliche Tötung", die im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung und in Kenntnis des Angriffs begangen wird 2.

Tatbestandsmerkmale nach den Elements of Crimes

Die Elements of Crimes des IStGH präzisieren die Definition von Mord als Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit folgenden Elementen 34:

1. Der Täter tötete eine oder mehrere Personen

2. Die Handlung wurde als Teil eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen eine Zivilbevölkerung begangen

3. Der Täter wusste, dass die Handlung Teil eines solchen Angriffs war oder beabsichtigte, dass sie Teil eines solchen Angriffs sein sollte

Dabei wird der Begriff "tötete" mit "verursachte den Tod" gleichgesetzt, was eine Verdeutlichung darstellt und klarstellt, dass kein zusätzliches Vorsatzerfordernis im Sinne eines "Vorbedachts" erforderlich ist 5.

Mord im Kontext von Völkermord

Völkermord durch Tötung

Im Rahmen des Völkermords wird Mord als "Tötung von Mitgliedern der Gruppe" definiert, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören 6. Die spezifische Intention zur Zerstörung der Gruppe unterscheidet Völkermord von anderen Formen der vorsätzlichen Tötung 7.

Besondere Merkmale

Völkermord gilt als "Verbrechen der Verbrechen" und wird oft als das schlimmste Verbrechen im Völkerstrafrecht bezeichnet 89. Das entscheidende Kriterium ist die Intention der Täter, eine bestimmte Gruppe von Menschen oder Teile dieser Gruppe biologisch auszulöschen 7.

Mord als Kriegsverbrechen

Vorsätzliche Tötung im bewaffneten Konflikt

Im Kontext bewaffneter Konflikte wird Mord als "vorsätzliche Tötung" (wilful killing) klassifiziert 10. Ein Kriegsverbrechen der vorsätzlichen Tötung erfordert folgende Elemente 10:

• Die Tötung einer oder mehrerer Personen

• Die getöteten Personen standen unter dem Schutz der Genfer Konventionen von 1949

• Der Täter kannte die tatsächlichen Umstände, die diesen Schutzstatus begründeten

• Die Handlung fand im Kontext eines internationalen bewaffneten Konflikts statt

Abgrenzung zu anderen Tötungsdelikten

Unterscheidung zur einfachen Tötung

Die internationale Rechtsprechung unterscheidet zwischen verschiedenen Formen der vorsätzlichen Tötung. Die Definition für vorsätzliche Tötung im statistischen Sinne umfasst drei Elemente 11:

1. Die Tötung einer Person durch eine andere Person (objektives Element)

2. Die Absicht des Täters zu töten oder dem Opfer schwere Verletzungen zuzufügen (subjektives Element)

3. Die vorsätzliche Tötung verstößt gegen das Gesetz (rechtliches Element)

Kontextuelle Einordnung

Die Schwere und der Kontext der Tat bestimmen die völkerstrafrechtliche Einordnung. Während einzelne Tötungen als gewöhnliche Straftaten gelten, werden systematische oder massive Tötungen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord klassifiziert 1213.

Rechtliche Herausforderungen

Fehlende Einheitlichkeit

Ein grundlegendes Problem der internationalen Definition von Mord liegt in der fehlenden Einheitlichkeit. Verschiedene Rechtssysteme definieren Mord unterschiedlich, wobei sich die Unterscheidung in den meisten Fällen entweder auf das "ethische Moment des Gesamtbilds der Tat" oder auf das "psychologische Moment der Entschlussfassung" bezieht 1.

Völkerrechtliche Bindung

Die vorsätzliche Tötung eines anderen Menschen stellt grundsätzlich die Verletzung eines international anerkannten Menschenrechts dar 14. Das Recht auf Leben genießt völkergewohnheitsrechtliche Anerkennung und gilt als ius cogens 14. Ausnahmsweise völkerrechtliche Rechtfertigungen sind nur in sehr engen Grenzen möglich 14.

Fazit

Die Definition von Mord im internationalen Kontext ist komplex und kontextabhängig. Während es keine einheitliche völkerrechtliche Definition gibt, wird Mord je nach Kontext als Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord oder Kriegsverbrechen klassifiziert 1516. Die gemeinsamen Elemente umfassen die vorsätzliche Tötung einer Person, wobei der spezifische Kontext und die Systematik der Tat über die völkerstrafrechtliche Einordnung entscheiden 1718.